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Apfelbalsamico

Tubi am 18.10.2010 22:21:52 | Region: Baden-Württemberg
Hallo Seppl,

was meine derzeitige Methode zur Essigherstellung betrifft, so habe ich dato nur unseren Apfelmost mit 5-6% Vol. dazu verwendet. Ich hab mir einen getöpferten 3L Essigtopf gekauft und diesen mit einer Heizfolie auf mollige 25°C eingestellt und anfänglich fast tägl. etwas hektisch mit einem Plastiklöffel gerührt um noch etwas mehr Luft an die Sache zu bringen. Erfolg hatte ich auch schon mit 7L in einer 10er Ballonflasche und Aquarium-Heizstab in Wasserbad.

Nun zu meinem "Balsamico-Projekt"

In Kürze werde ich mir 2L eines richtigen, echten Balsamico´s kaufen und damit für vielleicht 2-3 Wochen ein 20L Eichenfass zu belegen natürlich unter drehen und wenden. Danach werde ich 1L des (hoffentlich noch leckeren) Balsamicos abzapfen um ihn zu verwenden. Mein heuriger Apfelsaft ist bis dahin hoffe ich vergoren. Möchte 25L bei ca. 50°C auf ungefähr 2/3 reduziert um entsprechend nach Maische-Vergärung ca. 8-10% Vol. Most zu bekommen mit noch ein paar °Oe übrig.
Davon füge ich dann vorerst mal 2L dem verbliebenen Balsamico zu. Ich bin überzeugt der echte Balsamico ist mindestens genauso gut zum Impfen geeignet wie eine flüssige Essigmutter aus dem Fläschchen. Die Mischung von Essigbakterien, Mostmenge und Alkoholgehalt machts meiner Meinung nach aus.
Ich möchte absichtlich nicht meine "gewöhnliche" Apfelessigmutter verwenden da ich mir einrede es gäbe auch "andere" Arten Essigbakterien von der Güte her.
Das Fässchen darf dann selbstveständlich im Wohn- oder Esszimmer wohnen und vielleicht bringt meine Heizfolie auch am Holzfass ein bischen etwas.

So jetzt hab ich genug erzählt! Was haltet ihr bzw. du Seppl davon?

Gruß Tubi

War doch noch nicht alles!

P.S. Nehmt es mir nicht krumm aber mit Essigessenz panschen ist nicht mein Ding. Im Grunde sollte meiner Meinung nach der Essig eigentlich aus einer filtrierten etwas höhergradigen (6-8%) Maische
geboren werden bzw. bei Weinessig aus gutem Wein (auf 7% runter verdünnt), der bei Zimmertemperatur mind. 10 Minuten mit dem Rührgerät bearbeitet wurde (wg. Schwefel). Von PE-Behältern bin ich auch nicht so sehr begeistert ich ziehe Glas vor.

RE: Apfelbalsamico

Josef (Seppl) Astner am 19.10.2010 15:16:08 | Region: Südtirol
Hallo Tubi,

erstmal schön etwas über Dein Balsamicoprojekt zu erfahren.

Ich versuche erst seit heuer in die Essigherstellung einzusteigen.

Hintergrund:
Ich hatte Sehnsucht nach dem Weinessiggeschmack meiner Kindheit, als mein Vater eine Essigkorbflasche im Keller stehen hatte und ich ihn u.a. bei der Pflege der 'Essigmutter' (ein für mich damals grusliges, leberartiges Ding) beobachten konnte.
Also wollte ich einen guten Weinessig erzeugen. Dann habe ich mich überzeugen lassen, dass ein guter Apfelessig qualitativ und von der Bekömmlichkeit her wertvoller ist (sein soll), so dass ich auf den Apfelessig gekommen bin.

Da ich den italienischen Balsamico kannte und mir der trübe Apfelessig von der Ästhetik her nicht zusagt, dachte ich mir: warum nicht beide Welten verbinden und einen schönen Apfelbalsamico machen!

Mein Apfelbalsamicoprojekt war geboren.

Zum Stand des Projekts:
Nach dem Studium einiger Literatur (das Essigbuch auf dieser Seite ist meiner Meinung nach sehr zu empfehlen), und der Recherche im Internet auf verschiedenen italienischen Balsamicoseiten, wollte ich zunächst herausfinden, was beim Balsamico ein ausgewogenes Süße/Säure-Verhältnis ist.
Dazu habe ich wie bereits berichtet, klares Apfelsaftkonzentrat und Essigessenz gemischt.
Schlußendlich bin ich bei ca.22°Brix Süße und ca.6-6,5% Säure gelandet.

Derzeit bin ich der Lagerung/Reifung:
Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, sind die Faktoren Mikrooxigenierung (durch die Holzfasswand bzw. die Fassöffnung) und die natürlichen Temperaturschwankungen bei der traditionellen Balsamicoerzeugung von Bedeutung. Ich will nun herausfinden was für Auswirkungen das hat.
Für die Temperatur habe ich mir die Temperaturverlaufskurven von Modena besorgt und stelle sie nun über eine Zeitschaltuhr im Wasserbad nach. Es stehen also bei mir im Keller zwei Glasballons (einer geschlossen und einer offen (mit Tuch abgedeckt)) im Wasserbad, welches mittels zweier Aquariumtauchwärmer für täglich 5 Stunden auf 32°C gewärmt wird, um sich anschließend wieder langsam auf Kellertemperatur abzukühlen (=Temperaturverlauf Tag/Nacht). Ein dritter Glasballon (mit gleichem Inhalt) steht als Vergleichsprobe im Keller, damit ich nach Abschluß des Test (hoffentlich) eine Aussage zu den Unterschieden bei gleichem Lagerzeitraum machen kann.

Thema Mikrooxigenierung:
Hier bin ich noch nicht schlüssig, wie ich es angehen soll. Für den Test möchte ich kein Holzfass nehmen, da ich den Einfluss des Holzes zu sehr fürchte. Unter Umständen ist dann keine stichhaltige Aussage zur Auswirkung des Luftaustauschs durch die Gebindewand mehr möglich. Daher bin ich auf das (eher) neutrale PE-Fass gekommen; aber wie gesagt, da weis ich noch nicht so recht weiter.

Soweit zu meinem Projekt.

_____________

>>> Was haltet ihr bzw. du Seppl davon?

Eichenfass:
Ich nehme an, Du willst das rohe Eichenfass mit dem echten Balsamico für die Balsamicobefüllung vorbereiten ("weingrün" machen). Meiner Meinung nach ist die angepeilte Zeit von 2-3 Wochen zu kurz. Ich habe gelesen, dass die Balsamicofässer vor Ihren Einsatz mindestens 1 Jahr lang mit (billigem) Weinessig belegt werden, um die störenden Gerbstoffe herauszulösen.

>>> "andere" Arten Essigbakterien von der Güte her
Es ist bekannt, dass Essigbakterien stark mutieren; hierzu kann Dr. Schmickl sicher eine kompetente Auskunft geben.
Die italienischen Balsamicohersteller schwören jedenfalls auf "ihre" Bakterien, welche sich eben im jahrzentelangen Betrieb der "acetaia" gebildet haben sollen.

>>>P.S. Nehmt es mir nicht krumm
Keine Angst, ich für meinen Teil nehme die offen ausgesprochene Meinung eines Diskussionsteilnehmers nie 'krumm'.
Zum Thema "Essigmischung vs. Essiggärung" (mit Essigessenz panschen) hat Eva aus Wien ja schon tolle Versuche angestellt (siehe Beitrag in diesem Forum).
Ich möchte einfach das qualitativ beste Ergebnis erzielen; daher bin ich bei der zu wählenden Methode absolut wertfrei. Worauf ich besonders achten möchte, ist die Qualität der Grundstoffe. Grad beim Balsamico (nicht tradizionale) sieht man ja, was da bei der industriellen Erzeugung alles hineingemischt wird.

Also herzliche Grüße aus Südtirol

Seppl

RE: Apfelbalsamico

Schmickl am 20.10.2010 11:18:17 | Region: Kärnten
>>> Essigbakterien stark mutieren:
stimmt, haben nicht nur wir bei unseren Essiggärungen beobachtet. Daher am besten seine eigenen Bakterien züchten, siehe auch den Beitrag unten von Hubert/Hietzing.

RE: Apfelbalsamico

Tubi am 20.10.2010 09:27:43 | Region: Baden-Württemberg
Hallo Essig-Gemeinde,

ein Nachtrag meinerseits!

Gestern habe ich mit einem Eichenfass-Lieferanten telefoniert. Der Chef hat mir freundlich Auskunft gegeben. So ist es bei der Fassherstellung Hitze bzw. Feuer unerlässlich um den Fassdauben ihre gebogene Form zu geben. Somit entsteht praktisch bei jeder Fassherstellung eine leichte Toastung. Klar, dass z.B. für die Whiskey-Lagerung (Veredlung) eine mittlere oder starke Toastung erwünscht ist.
Ich habe mir somit meine Fachfrage praktisch selber beantwortet. Ich freue mich dennoch über eure Tipps und Kommentare zu meinem "Projekt".

Gruß Tubi

P.S. Seit gestern verrichtet mein 3L Gärstarter brav seinen Dienst und blubbert vor sich hin. Jetzt geht´s raus ins Schmuddelwetter Apfelbäume schütteln, am Freitag wird gemostet.

RE: Apfelbalsamico

Hubert am 20.10.2010 11:10:08 | Region: Hietzing
Wichtig ist halt, dass die Essigbakterien noch leben, sonst bringt die Zugabe gar nichts, es kommt zwangsläufig zur Wildgärung. Bei einem 25 Jahre alten Balsamico Traditionale leben die Essigbakterien sicher nicht mehr. Besser wäre es, sich einen frischen, noch ungelagerten, also noch fast gärenden, Balsamessig zu beschaffen. Der ist aber sicher nicht so leicht zu bekommen.
Oder: aktiven Essig zum Impfen bei einem professionellen Essighersteller beziehen und damit dann seine eigene "Züchtung" starten, d.h. sobald damit ein eigener Essig zum gären gebracht wurde, mit dem neuen Essig eine nächste Gärung starten usw. Auf diese Weise passen sich die Bakterien an Ihre persönlichen Umgebungsbedingungen an (Obstweinsorte, Alkoholgehalt, Temperatur, Luftzugänglichkeit usw.).

RE: Apfelbalsamico

Tubi am 21.10.2010 18:37:32 | Region: Baden-Württemberg
Hallo,

ich freue mich riesig über Euren und natürlich Dr. Schmickl´s "Input". Was meine geplante Fassvorbereitung betrifft, so muß ich das nochmal gründlich überdenken. Der heute von mir bestellte Balsamico (0,5L = € 16.-) ist 4 Jahre alt d.h. bereits durch drei versch. Fässer gewandert. Hubert hat recht, die Essigbakterien eines 25-jährigen Balsamico´s sind mit Sicherheit nicht mehr sehr emsig, wenn überhaupt. Da aber schon mehrfach berichtet wurde, dass ein etwas besserer Essig aus dem Handel (der ja bestimmt auch mal kurz erhitzt wird) auch in der Lage ist eine Essigmutter hervorzubringen vertraue ich der Original-Ware die weder erhitzt wird noch Antioxidiermittel enthält. Dr. Schmickel schreibt in seiner Antwort, dass Untersuchungen ergaben, dass die versch. Holzsorten die ein Balsamico durchmacht keine Auswirkung auf die Qualität des Essig´s hat. Hm, ich weis jetzt nicht so recht wie ich in diesem Fall Qualität deuten soll, aber auf den Geschmack des Essigs haben die Hölzer allemal einen Einfluß.
Seppl, meinst du nicht die 32°C sind für den Essig etwas zu warm? Ich hab mir im Netz mal ein mehrseitiges pdf zu Essig heruntergeladen, leider finde ich es gerade nicht aber dort war die Rede von 22-28°C Wohlfühltemperatur, alles darüber sei grenzwertig. Auch sollen Temperaturschwankungen tunlichst vermieden werden. Mir wird langsam bewußt, dass die eigentliche Essig-Gärung und die Veredelung im Holzfass zwei paar Stiefel sind. Bedenke auch, dass dir bei höherer Temperatur auch das Aroma flöten geht.

Gruß Tubi

RE: Apfelbalsamico

Josef (Seppl) Astner am 22.10.2010 15:32:19 | Region: Südtirol
Hallo Tubi,

>>> Seppl, meinst du nicht die 32°C sind für den Essig etwas zu warm?

Ich stimme mit Dir überein, dass die eigentliche Essiggärung und die anschließende Reifung zwei verschiedene Dinge sind.
Soweit ich informiert bin, sterben die Essigbakterien relativ schnell, nachdem sie den gesamten Alkohol aufgebraucht haben. Ich glaube irgendwo nachgelesen zu haben, dass dies bei der klassischen Balsamicoherstellung bereits nach dem dritten Jahr der Fall sein soll.

Ich will in meinem Versuch die Auswirkung der Temperaturschwankungen, so wie sie in der Balsamicozone um Modena und Reggio Emilia natürlich vorkommen, bei der Reifung/Lagerung (nicht bei der Gärung) testen. Dabei sind 32°C eher noch niedrig angesetzt, wenn man bedenkt, dass die Sommertageshöchstemperaturen auch 34-38°C erreichen können.
Siehe z.B.: http://www.ilmeteo.it/portale/archivio-meteo/Modena/2010/Luglio
So gesehen befinde ich mich mit meiner derzeit eingestellten Temperaturverlaufskurve ca. im Monat Juni(in Modena).

Ein mir bekannter Obstbauer, der neben Obstsaft, Trockenobstchips u.dgl., auch (naturtrüben) Apfelessig herstellt, stellt im Winter seine gefüllten Essigfässer (gebrauchte Barriques aus der Weinproduktion) mehrmals ins Freie, damit sie gefrieren. Damit soll dem Essig die spitze Säureschärfe genommen werden.

Ich möchte also mit meinen Versuchen herausfinden, ob und wenn ja welchen Einfluss die Temperaturschwankungen auf den Geschmack des Essigs haben.

Zum Einfluss der Holzarten auf den Geschmack des Balsamicos kann man Folgendes bedenken:

Wenn bei der Balsamicoproduktion vor dem ersten Einsatz die Fässer mit verschiedenen aufwendigen Prozeduren behandelt werden um die Holznote (Gerbstoffe usw.) möglichst zu eliminieren, und weiters jene Fässer die wertvollsten sind, welche am längsten (Jahrzehnte) in Gebrauch sind, kann man daraus schließen, dass möglichst neutrale Gebinde (mit möglichst wenig "Eigengeschmack") bevorzugt werden.
Dies erkannt, muss man dann aber folgerichtig fragen, wieso dann überhaupt Holzfässer?
Abgesehen davon, dass es früher keine Stahlbehälter gab und Glas zu wertvoll war, scheiden Letztere beiden aus, weil sie im Gegensatz zum Holsfass nicht durchlässig sind und daher den erwünschten Effekt der über die Jahre der Reifung langsamen Wasserverdunstung durch die Holzfasswand nicht ermöglichen.

>>> Bedenke auch, dass dir bei höherer Temperatur auch das Aroma flöten geht.

Ich habe kürzlich gelesen, dass das viereckige Loch im traditionellen Balsamicofass ("cocchiume") mittlerweile als gar nicht mehr so günstig angesehen wird, da eben zu viele Aromen entweichen können.

Man sieht, je tiefer man in ein Thema einsteigt, desto mehr Fragen lauern hinter jeder Ecke. Aber dazu gibt es ja Foren wie dieses wo man Erfahrungen austauschen kann.

Schönes Wochenende an alle

Seppl

RE: Apfelbalsamico

Tubi am 23.10.2010 08:43:14 | Region: Baden-Württemberg
Hallo Hubert & Seppl,

den 4-jährigen Balsamico habe ich nun bereits bestellt! Ich werde meine Pläne wohl ändern müssen, d.h. die 2L kostbaren Balsamico werde ich keinesfalls zum weingrün machen verwenden der ist mir doch zu schade dafür. Es ist ja auch bald Weihnachten und so ein Balsamico & Olivenöl Gebinde als Geschenk hat doch auch was. Ich werde wohl 0,5L Balsamico in meiner Töpferware mit vorerst mal 0,5L Apfelmost (8% Vol. ca. 20°Oe) versuchen zur Essiggärung zu bewegen, sollte sich keine Gärung einstellen, so werde ich in Gottes Namen meine Essigmutter dazugeben. Seit gestern früh sind wir stolzer Besitzer von 500L Apfelsaft und ich saß gestern bis um 22Uhr im Keller beim Einkochen. Heute geht´s in die 2. Runde. Über Nacht habe ich versucht einen 25L Bottich bei ca. 55°C zu reduzieren hahaha!!! Nach nunmehr 10 Stunden sind sage und schreibe ca. 0,5L davon verdampft (meinem Stromzähler ist best. schon ganz schwindelig). Ich stelle also fest: Eindicken oder aufkonzentrieren klappt nur unter ständigem rühren! Ich werde nun aber keine 24h auf dem Balkon stehen und Apfelsaft rühren.

Ich bin mir im Moment nicht schlüssig was ich tun soll bitte helft mir!

- soll ich meinen A-Saft mit etwas Zucker auf einen höheren Oechslegehalt bringen, diesen dann vergären und bei ca. 20°Oe Restsüße per kurzer Erhitzung stoppen?

oder

- soll ich meinen A-Saft nicht "verbessern" normal vergären (0° bzw. negative °Oe), den Most dann kurz erhitzen und etwas Apfelsaft zur Süßung hinzufügen?

Was die Holzfasslagerung anbetrifft, so bin ich da mittlerweile auch etwas verwirrt. Ich habe gelesen ein Holzfass verliert nach 1 Jahr 85% seiner Holznote. Daraus meine ich ableiten zu können, dass es nach 2 Jahren wohl fast egal sein dürfte in welchem Fass die Ware lagert aber warum gibt es denn dann z.B. sog. Kirschbalsamico also wohl etwas ausgiebiger in einem Kirschholzfass gelagerter Balsamico?

Fragen über Fragen!

Was meint ihr dazu?

Gruß Tubi

RE: Apfelbalsamico

Josef (Seppl) Astner am 25.10.2010 11:34:53 | Region: Südtirol
Hallo Tubi,

zunächst mal beneide ich Dich wirklich um den Apfelsaft von Deiner Streuobstwiese!

Ich bin Essignovize und habe noch keinen Liter Essig selbst vergoren, sondern bin derzeit noch beim Mischen, um das mir genehme Endprodukt (Apfelbalsamico) herauszufinden. Daher wage ich es nicht, Dir einen konkreten technischen Rat zu geben.

Was Du meines Erachtens nach aber auf jeden Fall tun kannst, ist, dem Apfelsaft die gewünschte Menge guten Apfelbrand hinzuzufügen, um diesen dann zu Essig zu vergären.
Dies hat den Vorteil, dass die natürliche (Rest)süße (des Apfelsaftes) beibehalten wird und die gewünschte Säure über die Alkoholdosierung eingestellt werden kann. So müßte ein balsamicoartiger Apfelessig zu erzielen sein.
Siehe dazu auch den (für mich sehr wertvollen (!) - danke!) Beitrag von Eva aus Wien, die dazu über ihre Versuchsergebnisse berichtet hat.


>>> Was die Holzfasslagerung anbetrifft, so bin ich da mittlerweile auch etwas verwirrt.

Ich möchte Dir meine ganz persönliche Meinung zum italienischen Balsamico näherbringen:
Wie bei jedem traditionellen Lebensmittel, das irgendwann einen 'boom' erlebt und daher auch verschiedenen Interessen, vor allem auch kommerzieller Natur, ausgesetzt ist, sollte man, wenn man die Produktionsmethode zu eruieren versucht, genau hinschauen, um Wahrheit und Legende auseinanderhalten zu können.
Natürlich lebt der handwerklich erzeugte Balsamico tradizionale und der industriell erzeugte Balsamico di Modena (und Reggiano) eben auch (= nicht nur) von einer solchen Legendenbildung.

Wenn Du Dich ein wenig mit der italienischen "Balsamicowelt" auseinandersetzen willst, darf ich Dir den folgenden Link ans Herz legen (ich hoffe Herr Dr. Schmickl verzeiht diesen Verweis):

http://www.acetobalsamico.de/

Ich werde in meinem Apfelbalsamicoprojekt jedenfalls nicht versuchen das Original (Balsamico tradizionale) zu kopieren, sondern möchte, da es hauptsächlich für mich selbst bestimmt ist (ich bin da einfach egoistisch), ein qualitativ sehr gutes Produkt, "nach Art" (!!) eines Balsamicos erzeugen, das mich überzeugt.

Dazu schaue und höre ich mich um und mache Versuche.
Sobald wie möglich, werde ich dann das Essigseminar besuchen, um das Handwerk zu lernen.
Danach werden wir sehen ob was "gscheites" dabei rauskommt.
Ich finde die Welt der Essigproduktion jedenfalls sehr faszinierend, da mir bis dahin völlig unbekannte Bereiche erschlossen werden.

Bitte berichte wie es bei Dir weitergeht.

Danke

Seppl

RE: Apfelbalsamico

Hubert am 25.10.2010 16:27:55 | Region: Hietzing
Eindicken ist nur bei höherer Temperatur sinnvoll, zumindest ca. 80°C, sonst geht so gut wie gar nichts weiter, wie Du ja auch bemerkt hast (siehe auch Buch "Essig herstellen als Hobby"). Beim Balsamico Traditionale wird der frische Traubensaft in offenen Bottichen zuerst kurzfristig bis zum Kochpunkt erhitzt, die obenauf schwimmenden Feststoffe abgeschöpft, dann leicht abgekühlt auf ca. 80-90°C und bei dieser Temperatur für einige Stunden gehalten, bis 35-60°Brix.

Das Erhitzen hat jedoch den Nachteil, dass sich die leicht flüchtigen Aromen "vertschüssen" (österr. für verflüchtigen). Was natürlich eine geschmackliche Veränderung bewirkt. Die kann, muss aber nicht gewünscht sein. Wie im Essig-Buch auch beschrieben, sind diese leicht flüchtigen Aromen ja streng genommen das Bukett von einem Apelbrand. Oder anders formuliert:
"Aroma/Geschmack Apfelmaische vor erhitzen" minus "Aroma/Geschmack Apfelbrand" ergibt "Aroma/Geschmack Apfelmaische nach erhitzen"
Natürlich weiß ich nicht, ob man das wirklich so pauschalieren kann.

Alternative: hochgradige Maische ansetzen (siehe selbes Buch). So arbeite ich jetzt seit einiger Zeit und bin mit der "Geschmacksausbeute" und dem Süße/Säure-verhältnis sehr zufrieden.

Beide von Dir beschriebenen Möglichkeiten sind durchaus sinnvoll, wie gesagt wäre eine hochgradige Maische noch in Erwägung zu ziehen. Damit hättest Du nämlich den Vorteil, dass nach vollständiger Ausgärung der Alkoholgehalt für ca. 5-6%Sre Essig viel zu hoch ist und die Maische vor der Essiggärung daher verdünnt werden muss. Hier ist es nun sinnvoll statt Wasser Apfelsaft zu verwenden, d.h. geschmacklich wird nicht verdünnt, aber es kommt Zucker dazu (vom Apfelsaft). So kannst Du den für Dich optimalen Zuckergehalt vom fertigen Essig einstellen. Weiterer Vorteil: bei dem Ganzen wird die Maische nie erhitzt, auch nicht kurzfristig um die Gärung zu stoppen, es gibt also keine Geschmacksbeeinflussung durch's Erhitzen.

Für einen Schnelltest kannst Du natürlich auch einer filtrierten, vollständig ausgegorenen Apfelmaische (Alkoholgehalt ca. 6%vol, also ganz normaler Apfelmost, jedoch mit Reinzuchthefe vergoren, sonst Fehlgärung und damit scharfer Geruchsfehler) einfach Zucker zugeben. Dann muss nicht mehr erhitzt werden, die Hefen sind schließlich schon abgestorben, der zugegebene Zucker vergärt also nicht mehr.

Oder noch anders: zu einem unvergorenen Apfelsaft einen (qualitativ einwandfreien) Apfelbrand zugeben, bis Alkoholgehalt ca. 5-6%vol.

Es gibt also viele sinnvolle Möglichkeiten das zu erreichen was Du möchtest. Was für Dich die beste Variante ist, hängt davon ab welche Grundmaterialien zur Verfügung stehen und wie nahe das Verfahren am Original (dem Balsamico) angelehnt sein soll. Ich habe alle drei von mir beschriebenen Varianten ausprobiert, bin eigentlich mit allen Ergebnissen sehr zufrieden. Im direkten Vergleich schmeckt der Apfelessig aus hochgradiger Maische ein ganz klein wenig vollmundiger und weicher als die anderen beiden. Der Unterschied ist jedoch wirklich nur minimal.

Essigmutter: erspare Dir die Experimente und gib "in Gottes Namen" eine (gekaufte!) Essigmutter dazu, natürlich nur von einem besseren Essighersteller. Damit startest Du dann Deine eigene Züchtung. Alles andere führt zu unerwünschten Fehlgärungen, der Essig ist dann nur noch für Essigsocken zu verwenden, riecht so scharf wie der "gute" Essig bäuerlicher Herkunft aus meiner Jugend. Um dies zu verhindern sollte die Essiggärung schnellst möglich starten, das gelingt nur mit frischer Essigmutter. Auch wenn als Gärstarter ein nicht-erhitzter, naturtrüber Essig verwendet wird, dauert es bis zum Gärbeginn viel länger, ein scharfer Fehlgeruch ist die Folge (ist mir auch schon passiert).

Holzfässer: wie von Dir und weiter oben von den anderen beschrieben, ist die Holzsorte bei alten Fässern eigentlich egal. Diesbezüglich gab's eh' bei Balsamico auch mehrere wissenschaftliche Untersuchungen (z.B. Giudici et al., 2006). Demzufolge ist für die Qualität vom Balsamessig eigentlich nur die richtige Lagertechnik entscheidend. Essige, die in möglichst vollen, dichten Fässern gelagert wurden, sind am besten. Die Untersuchungen haben ergeben, dass durch das Holz ausschließlich Wassermoleküle wandern können, sonst nichts. Wird in den Fässern jedoch ein gewisser Luftraum belassen und/oder haben sie eine Öffnung (mit einem Tuch verschlossen), verdunsten auch andere flüchtige Substanzen und Aromen, die dann im fertigen Essig fehlen. Ich kenne den Kirschbalsamico zwar nicht, kann mir aber vorstellen, dass diese Bezeichnung nur verkaufsfördernd eingesetzt wird, sofern nicht tatsächlich Kirschmaische im Spiel war.

so, fertig, hoffentlich waren ein paar sinnvolle Tipps dabei,
Hubert

RE: Apfelbalsamico

Tubi am 25.10.2010 21:03:20 | Region: Baden-Württemberg
Hallo Seppl und Hubert,

ich finde es einfach klasse, dass es noch mehr Essig-Verrückte auf dieser Welt gibt und ihr mir mit Eurem Rat zur Seite steht.
Hubert du scheinst in der Essigbereitung ja wirklich schon ein alter Hase mit weitreichendem Wissen zu sein, vielen Dank für deine Tipps.
Leider-Gott-sei-Dank stehen mir alle von dir genannten Möglichkeiten offen.
Nun, da mein Apfelsaft im Heizungskeller arbeitet (und mir die Knochen wehtun) habe ich etwas Zeit um mich zu entscheiden wie ich es angehen werde. Gestern habe ich einfach mal meinen bisherigen Apfelessig mit frischem Apfelsaft und etwas Honig gemischt und was da herauskam schmeckte schon ganz lecker. Meine Experimentierfreude ist nun entgültig geweckt denn seither habe ich mir über solche Kreationen keinerlei Gedanken gemacht.

Ich werde euch natürlich auf dem Laufenden halten!

Gruß Tubi

RE: Apfelbalsamico

Josef (Seppl) Astner am 26.10.2010 08:27:19 | Region: Südtirol
Hallo Hubert,

ich hab da eine Frage bezüglich Lagertechnik.
Du schreibst:
>>> Demzufolge ist für die Qualität vom Balsamessig eigentlich nur die richtige Lagertechnik entscheidend <<<
Ich habe für mein Apfelbalsamicoessigprojekt zwei Glasballons im Keller im Wasserbad stehen und versuche den täglichen Temperaturverlauf in der Modeneser Gegend nachzustellen.

Glaubst Du, dass die Temperaturunterschiede Tag/Nacht und/oder Sommer/Winter wesentliche Auswirkungen auf die Qualität eines Essigs/Balsamicos haben?

Im Voraus herzlichen Dank

Seppl

RE: Apfelbalsamico

Hubert am 26.10.2010 14:03:13 | Region: Hietzing
Muss gestehen, mit der (Holzfass)lagerung habe ich mich selbst praktisch auch noch nicht beschäftigt. Meine Erkenntnisse diesbezüglich sind auch nur nachgelesen, daher theoretischer Natur.

Ich gehe den umgekehrten Weg: möchte erst einen einwandfreien Gärungsessig zusammenbringen und mich dann erst mit der Lagerung beschäftigen. Habe fast wortwörtlich mit einem "Nachttopf-Essig" begonnen, das Ergebnis war eher so wie das was da sonst reingehört...
Fazit meiner bisherigen Versuche: die Qualität eines Essigs wird überwiegend von der alkoholischen Gärung und von der Essiggärung beeinflusst. Z.B. tritt bei einer wilden alkoholischen Gärung unweigerlich dieser muffige Geruch im späteren Essig auf, der ein wenig an Urin erinnert. Auch wenn die Essiggärung selbst nach allen Regeln der Kunst durchgeführt wird, sogar mit dem Submersverfahren. Ein von mir gekaufter (teurer) Essig eines bekannten Qualitätsessigherstellers hatte ebenfalls diesen Geruchsfehler, allerdings viel weniger als ein herkömmlicher Essig aus Oberflächenverfahren. Genaues Nachfragen ergab, dass die Maische wild vergoren, die Essiggärung jedoch mit Submersverfahren durchgeführt wurde. Wird das Obst jedoch zu einer einwandfreien Brennmaische verarbeitet (sauberes, vollreifes Obst, Reinzuchthefe, Säureschutz usw.) und diese dann zum Essig weiter vergoren (mit einer ursprünglich zugekauften Essigmutter), tritt dieser Geruchsfehler nicht auf. Für diese einfache ja-eh'-klar Erkenntnis habe ich immerhin einige Jahre benötigt. Übrigens merkt man den Geruchsfehler am deutlichsten, wenn die Essigsäure neutralisiert wurde, dann stört sie nicht mehr beim Riechen.

Zu Deiner Frage: Ja, selbstverständlich werden die Temperaturschwankungen bei der jahrzehntelangen Lagerung auch eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Dieser Effekt ist ja auch z.B. bei der Schnapslagerung bekannt. Ich vermute jedoch, dass die allmähliche Verdunstung von Wasser (und NUR von Wasser) das Ergebnis weit deutlicher beeinflusst, weil alle anderen Bestandteile damit aufkonzentriert werden, der Essig bekommt mehr Süße und zugleich mehr Säure, wird dickflüssiger, cremiger. Dass Du jetzt nicht 25 Jahre lang auf Dein erstes Ergebnis warten möchtest, ist jedoch auch irgendwie verständlich. Vielleicht ist es Dir möglich die Lagergefäße mit so einer Art halbdurchlässigen Membrane zu versehen. Aus meiner (theoretischen) Sicht müsste es egal sein, ob das Material vom Gefäß nun aus Glas oder aus säureresistentem Kunststoff, z.B. PE oder PP besteht. Meine Idee wäre folgende: in einem Gärfass aus Kunstoff mehrer Fenster schneiden und diese dann mit einem dünnen, weichen Holz verkleben. Ich stelle mir da Balsaholz vor, weiß aber nicht, ob dies auch den Flüssigkeitsdruck aushält. Oder vielleicht die berühmte dampfdurchlässige Folie der GEOX-Kleidung? Jedenfalls dann das Fass mit Essig ganz auffüllen und dicht verschließen. Das dann ins Wasserbad bei ca. 30°C (bzw. der Temperatur von Modena) stellen. Wenn möglich, trockene Raumluft, sodass dadurch und wegen der warmen Temperatur möglichst viel Wasser in kurzer Zeit durch die Membran hindurch verdunstet. Auf diese Weise müsste (theoretisch) doch bereits nach ein paar Monaten eine geschmackliche und mengenmäßige Veränderung zu bemerken sein.

soweit meine theoretische Sicht der Dinge,
Hubert

RE: Apfelbalsamico

Josef (Seppl) Astner am 26.10.2010 15:48:15 | Region: Südtirol
Hubert,
herzlichen Dank für Deine Erläuterungen.
Ich werde, nachdem ich das Essighandwerk im Seminar gelernt haben werde (wenn ich nicht zu t'schoppert bin), sicher unter Zugabe von Apfelbrand vergären, so dass ich der Problematik 'alkoholische Gärung' vorerst mal ausweichen werde. Bin überzeugt, es wird für einen Novizen wie mich auch bei der Essiggärung noch genug Probleme geben...

Zur Fasslagerung: ich hatte den PE-Fassversuch bereits ins Auge gefasst, allerdings ohne die "Holzfenster" (super Idee!).
Da PE-Fässer ja auch nicht 100% gasdicht sind, wollte ich von der Herstellerfirma erfahren wie luftdicht diese im Verhältnis zu einem Holzfass sind. Leider habe ich bis jetzt keine Antwort erhalten, obwohl ich mit einer Antwort wie "...ca. doppelt so dicht wie ein Holzfass..." auch schon zufrieden gewesen wäre.
Ich hätte damit so ungefähr auf das Verhalten eines Holzfasses (ohne das störende Holzaroma) schließen können.

>>> dass die allmähliche Verdunstung von Wasser (und NUR von Wasser) das Ergebnis weit deutlicher beeinflusst <<<

Ja, ich tippe auch auf die Verdunstung, welche durch die hohen Temperaturen in den "acetaie" begünstigt wird, als den wesentlicheren Einflussfaktor.

Also danke nochmal für Deine Erläuterungen

Seppl


Übrigens: "Nachttopf-Essig" ---> super Vergleich! :=)

RE: Apfelbalsamico

Josef (Seppl) Astner am 28.10.2010 10:17:29 | Region: Südtirol
Hallo Hubert,

ich habe eine Verständnisfrage zur hochgradigen Maische:

Wenn ich das richtig verstanden habe, hast Du nach der Alkoholgärung einen Alkoholgehalt um die 17%.

Danach startest Du die Essiggärung.

Frage:
Halten Deine Essigbakterien diesen Alkoholgehalt aus?
Vergärst Du den gesamten Alkohol, oder wie gehst Du vor?

Dank im Voraus

Seppl

RE: Apfelbalsamico

Hubert am 28.10.2010 15:50:17 | Region: Hietzing
Nein, natürlich nicht (zumindest habe ich's noch nie ausprobiert). Daher muss die Maische verdünnt werden, entweder mit Wasser oder dem entsprechenden Fruchtsaft. Die hochgradige Maische hat aus meiner Sicht mehrere Vorteile:
- ist wegen des hohen Alkoholgehaltes unbegrenzt haltbar, Maische muss also nicht sofort nach der Gärung verarbeitet werden, wie das bei herkömmlichen Maischen der Fall ist.
- Kahmhefe gibt es bei hochgradigen Maischen nicht. Bei meinen herkömmlichen Ansätzen ist dieses Problem jedoch oft sehr wohl aufgetreten, obwohl auch mit Reinzuchthefe, Säureschutz etc. eingemaischt.
- hochgradige Maischen sind sehr sauber. Werden sie gebrannt, fällt im Gegensatz zu den Herkömmlichen nahezu kein Vorlauf an. Also perfekt für Essig, sonst wäre der Gammel ja auch im Essig zu finden und führt zwangsläufig zu Geruchs- und Geschmacksfehlern.
- ich starte meine Essiggärungen jetzt immer entsprechend der zweistufigen Alkoholsteigerung (bewirkt eine reinere Gärung, siehe Essig-Buch). Da bin ich mit der Hochgradigen flexibler, weil ich den Alkoholgehalt je nach Bedarf durch Verdünnung einstellen kann. Z.B. beträgt der Alkoholgehalt einer herkömmlichen Apfelmaische so um die 5 bis 6%vol. Das ist für Essig mit 6%Sre jedoch gerade zu wenig, schließlich kommt zumindest 10% vom Volumen aktiver Essig hinzu, der Alkoholgehalt wird also verdünnt. In der Startphase der Essiggärung ist der Verdünnungsfaktor sogar noch größer.
- Erst aus Bequemlichkeit, später aus Kalkül, habe ich begonnen die unverdünnte Maische als Nahrung direkt dem gärenden Essig zuzugeben, ohne dabei Essig abzuziehen. Natürlich so, dass sich in der Mischung ein Alkoholgehalt von 5%vol ergibt. Dadurch wird der Essigsäuregehalt mit der Zeit immer größer, mein Top-Wert war bisher 9,8%Sre. War natürlich eher ein Experiment, zeigt jedoch, dass der Säuregehalt auf diese Weise relativ einfach gesteigert werden kann, nicht ganz unwesentlich, wenn man aus geschmacklichen Gründen ein bestimmtes Süße/Säure-verhältnis wie beim Balsamico einstellen möchte.
- hochgradigen Maischen haben immer einen gewissen Restzuckergehalt, auch wenn nur mit Wasser verdünnt wird ergibt sich ein angenehmer Balsamessig artiger Geschmack.
- ein Essig aus hochgradiger Maische ist geschmacksintensiver und gehaltvoller, "weicher", als einer aus herkömmlicher Maische, auch wenn nur mit Wasser verdünnt wird. Dies habe nicht nur ich bemerkt, Schmickl führt dies in seinem Essig-Buch auf das weitaus stärkere Extraktionsverhalten einer hochgradigen Maische zurück. Nicht ganz unplausibel: Aromen/Geschmackstoffe sind alkohol-, nicht wasserlöslich, je geringer also der Alkoholgehalt, desto weniger gehen in Lösung. Und was nicht gelöst ist, kommt auch nicht in den Essig, schließlich muss die Maische vor der Essiggärung filtriert werden.
- Außerdem spielt der (sehr) hohe Extraktgehalt hochgradiger Maischen eine nicht ganz unwesentliche Rolle: je höher der Extraktgehalt, desto geschmackvoller wird der Essig empfunden.
- bei hochgradiger Maische erübrigt sich das Eindicken der Maische wie beim Balsamico. Somit keine Geschmacksveränderung durch's stundenlange Erhitzen. Dass der entsprechende Arbeitsaufwand somit auch entfällt, stört nicht wirklich...

Hubert

RE: Apfelbalsamico

were am 29.10.2010 09:01:18 | Region: eu
Hallo Hubert,
in einem möchte ich Dir widersprechen, auch wenn ich noch sehr wenig Essigerfahrung habe:

Hochgradige Maische ist nicht automatisch sauberer.
Ob viel oder wenig Vorlauf entsteht hängt wesentlich von der Verarbeitung der Maische und der Art der Früchte ab.
Eine Maische, die viel Stängel, vielleicht sogar Blätter und sonstige holzige Bestandteile enthält wird auch hochgradig nicht besser.
Ich vermute jedoch, du spekulierst eher darauf, dass hochprozentigen Maischen fast immer Zucker zugegeben wird, welcher dann natürlich keine derartigen Bestandteile mehr hat.
Auch die Restsüße hängt vom Anteil der Zuckerung ab. Wenn die Alkoholtoleranzgrenze der Hefe erreicht ist, endet die Gärung. Wenn dann noch Zucker da ist, ist die Maische süß, wenn aller Zucker vergoren ist sie das nicht.

Warum entfällt bei einer hochprozentigen Maische das Eindicken?

RE: Apfelbalsamico

Hubert am 02.11.2010 09:16:45 | Region: Hietzing
hallo were,

@Vorlauf: da gebe ich Dir in allen Punkten recht. In Vergleich zu einer wilden Gärung ist auch sehr viel weniger Vorlauf enthalten. Jedoch habe ich beobachtet, dass bei herkömmlichen Maischen mit Gärfix und Biogen M zwar immer wenig aber trotzdem noch mehr Vorlauf enthalten war als bei den hochgradigen. Was-weiß-denn-ich-warum. Wahrscheinlich, weil bei mir meistens dieses verflixte Kahmhefe-Problem aufgetreten ist.

@Restsüße: ja genau, deswegen schmecken meine ausgegorenen hochgradigen Maischen auch immer süß. Ich gebe stur insgesamt ca. 390 g Zucker je Liter zu, egal wie hoch der Zuckergehalt der Frucht ist. Daher sterben die Hefen ab noch bevor der gesamte Zucker verbraucht ist. Wegen diesem Restzuckergehalt ergibt sich im Essig dann auch der Balsamessigartige Geschmack, daher ist es (aus meiner Sicht) nicht mehr notwendig die Maische einzudicken.

hubert

RE: Apfelbalsamico

Josef (Seppl) Astner am 29.10.2010 09:20:36 | Region: Südtirol
Hallo Hubert,

vielen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen und die Erklärungen zu Deiner Vorgangsweise.

Ich beginne langsam klarer zu sehen, wie ich mein Apfelbalsamicoprojekt in die Tat umsetzen kann.

Seppl

RE: Apfelbalsamico

Klemens am 18.09.2011 13:01:50 | Region: Baden
Hallo Seppel,

ein Holzfass wird deswegen bevorzugt, weil der Essig durch das Holz "Atmen" kann und Flüsigkeit verdunsten kann, was zu einer Konzentrarin des Essig führt.

Gruß Klemens

RE: Apfelbalsamico

c.s. am 12.04.2012 12:29:45 | Region: Hessen
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@ Josef (Seppl) Astner

Ich würde nie auf die Idee kommen Essigessenz zu verwenden. Dies ist doch ein Industrielles Abfallprodukt. Da müssten doch die lebendigen Essigbakterien absterben.Ist dies mit Essigessenz gelungen?
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Ich verwende nur klar gefilterten Saft und Wein für die Essigherstellung.Keine Maische.
Mit meinen eigenen selbst gezüchteten Essigmüttern.
Weiswein, Rotwein und Apfelwein oder Bieressigmutter .
Die brummen wie wild. Ohne Temperatursteuerung. (Quoka oder E...

Das ist in Modena ja auch nicht anders. Ein regionaler Apfelbalsam wird mit regionalen Temperaturen sehr gut zurecht kommen.
Essigbakterien haben nun seit 2012 Jahren überlebt. Sie sind Frost und Hitze beständig wie hier ja schon geschrieben wurde . Jedenfalls auf Dauer gesehen. Es kann nur sein das sie pausieren müssen, um sich zu regenerieren. Man braucht also nicht zuviel Sorge zu haben.
Mein Test ist zur Zeit , ob eine eingetrocknete die öfters auf gegossen wurde wieder funktionsfähig wird. Zur Zeit wie Gummibärchen-Konsistenz.

Ich liebe dieses Hobby und mein Ziel ist es außer der Herstellung von sauren Muttis, nie wieder einen Essig benutzen zu müssen der jünger ist als 12 Monate. Zur Zeit bin ich schon bei einer Lagerreife von 4 Monaten die ich durchschnittlich in der Küche verbrauche. . Öfters verpacke ich dies aber als Geschenk für Freunde . Hergestellt wird halt nur was man auch im zeitlichen Rahmen verbrauchen kann. Also keine Riesen Glasballons,, die ich sehr schöne finde . Aber die Qualität ist gut und es macht Spaß . Das ist wichtig .

RE: Apfelbalsamico

Helmut am 27.02.2015 10:57:54 | Region: BW/By
Ich habe alles gelesen und möchte auch meinen
Senf(Essig ) dazugeben.
Die Essigbakterien leben Fressen und Saufen Alkohol und wenn sie nichts zu fressen haben Sterben sie.
Schon in den alten Hobbythek Büchern steht das die
die Essigbakterien nicht über 30 Grad warm stehen sollen.
Zur Lufttemperatur in Modena es ist die Lufttemperatur.Wo stehen die Fässer ? wenn sie in der Sonne stehen haben sie wahrscheinlich schnell
wesentlich mehr Temperatur aber welch altes gemäuer hat im Raum die Außentemperatur von 32 Grad ?
Der Ansatz noch lebende Essigmutter mit gekauften Wein 12 % Vol hat den Nachteil Schwefel.
Schwefel sollte nicht sein also den Wein mit 40% Wasser verdünnen so das nachher ca 6% Essig entsteht.Bei einem Wein ohne Schwefel 12 % entsteht ca ein 12 % Essig der dann verdünnt werden sollte.

MfG Helmut

RE: Apfelbalsamico

Hubert am 02.03.2015 15:10:28 | Region: Hietzing
Nicht über 35°C, dann beginnen die Bakterien abzusterben. Beim Lagern des Essigs in den Holzfässern ist die Essiggärung schon abgeschlossen, daher ist die Temperatur dann nicht mehr so wichtig.
Schwefel loswerden: entweder sehr lange schäumend mixen oder Wasserstoffperoxid zugeben (ca. 0,1 ml je 10 Liter Wein einer 3%'igen Wasserstoffperoxid-Lösung, wie sie für Mundspülungen in Apotheken erhältlich ist).

RE: Apfelbalsamico

Tom aus Karlsruhe am 26.11.2023 16:42:12 | Region: BW

Hallo zusammen,


ich finde die Beiträge alles sehr spannend. Vor ca. 20 Jahren habe ich Führungen bei einem Balsamicobauer gemacht.
Der Essig wird ganz einfach auf dem Speicher gelagert. Modena hat nur unwesentlich wärmer wie wir.
Und im Winter ist es auch nur einige Grad wärmer.
Deshalb denke ich nicht, daß die Temperatur so überbewertet werden muß.
Es gibt bei den Essigbauern ein Spruch: "Kein Bauer kann seinen selbst gemachten Essig essen."
Warum ist das so? Ganz einfach. Die Essige werden über 100 Jahre gelagert bis es ein "Echter" Balsamico ist.
Dieser ist deshalb für normalsterbliche unbezahlbar...
Der Balsamicoessig verliert jedes Jahr durch Verdunstung Wasseranteile. Diese werden zur immer wieder zur Hälfte durch frischen ersetzt. So kommt immer wieder frischer Alkohol ins Spiel.

So habe ich es von dem Bauer erklärt bekommen...